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17-06-2021  |  

Eröffnung: 19.06.2021, 16 Uhr

Dauer der Ausstellung: 19.06.2021 - 31.07.2021, Dienstag bis Sonntag, 12:00 bis 18:00 Uhr

Künstler*innen: Wang Jiani (Stadtforscherin, Videokünstlerin, Autorin), Wu Kaifeng (Architekt)

Ort: Goethe-Institut Beijing

Adresse: Originality Square, 798 Art District, No. 2 Jiuxianqiao Road, Chaoyang District, Beijing

Eintritt frei

Im Rahmen des Projekts „Beijing22“ wird die Ausstellung „Houchang Village, a Bubble City“ – eine Videoinstallation von Wang Jiani, Wu Kaifeng und Sun Haoxi am 19. Juni 2021 im Grey Cube des Goethe-Instituts China eröffnet. Die Arbeit fokussiert sich auf das „Dorf“ Houchangcun, das als „Chinas Silicon Valley“ gilt und außerhalb der nördlichen Fünften Ringstraße von Beijing liegt. Es untersucht anhand dieses Ortes, wie Architektur, geografische Merkmale und der physische Raum den sozialen Raum formen und inwieweit soziale Strukturen vom sozialen Raum beeinflusst werden. Die Arbeit wurde mit Unterstützung eines Forschungsstipendiums im Rahmen des Projekts „Beijing22“ realisiert.

Houchangcun liegt in der nordwestlichen Ecke des Beijinger Bezirks Haidian. Es war einst ein organisch gewachsenes Dorf und entwickelte sich später zu einer Siedlung, in der die Stadt in ländliches Gebiet übergeht. Inzwischen ist es zu Chinas wichtigstem Standort für die Hi-Tech-Industrie und Heimat von IT-Giganten wie Tencent, Baidu, Netease und Sina geworden. Heute ist dieser Stadt-Umland-Bereich von verschiedensten architektonischen Formationen geprägt: Riesige Bürogebäude, die von breiten Straßen umgeben sind, wechseln sich ab mit eingezäunten Fabriken im Lego-Stil, die sich wiederum mit dichten Umsiedlungswohnhäusern und städtischen Dörfern vermischen. Zusammen zeigen sie eine Landschaft von großer visueller Spannung und verdeutlichen mit ihrer endogenen Sozialstruktur die Komplexität der Urbanisierungsprozesse in China.

Das Projekt „Houchang Village, a Bubble City“ dekonstruiert den physischen und virtuellen Raum von Houchangcun aus drei Perspektiven: aus der des physischen Stadtraums, der der Organisationsstruktur der Firmen und der des Informationskokons (der Filter-Bubble). Aus der Perspektive des physischen Raums sieht Houchangcun aus wie eine auf den Kopf gestellte Stadt: Der öffentliche Raum ist in den riesigen Gebäuden der Fabriken aufgegangen, die Straßen und öffentlichen Räume sind eintönig und extrem homogen. Der öffentliche Raum verschwindet hier bis zur Unsichtbarkeit, und die städtebauliche Form wird zur konkreten Verkörperung des Organisations- und Disziplinierungssystems der Internetgiganten. Was die Organisationsstruktur betrifft, so wird jede Bewegung der Angestellten der großen Internetfirmen, die sechs Tage die Woche von 9 bis 21 Uhr arbeiten, genauso penibel beobachtet und kontrolliert wie ein Algorithmus – sie werden zu „Organisationsmenschen“ der Algorithmus-Ära, genauso wie die Essenslieferanten oder die spät abends Schlange stehenden Fahrer*innen, die übers Netz herbeigeordert werden. Schließlich breiten sich die von den Internetriesen ausgespuckten algorithmischen Blasen allmählich in jeden Winkel der Stadt aus und werden zur „Filterbubble“, die uns inzwischen alle umschließt.

„Houchang Village, a Bubble City“ bedient sich des Bildes der Blase und verwandelt Houchangcun in eine Videoinstallation. Die sieben in der Luft schwebenden Blasen sind sowohl eine konkrete Variante der „Fabriken“ der Internetgiganten als auch eine abstrakte Metapher für deren „Filterblasengeneratoren“. Die roten Linien, die die Blasen und die darüber angebrachte Karte von Beijing miteinander verbinden, symbolisieren den zyklischen Verlauf des Lebens der Internetmenschen in Houchangcun, das sich auf einer zwischen zwei Punkten liegenden Linie abspielt. In den sieben Blasen werden sieben Videos über Houchangcun gezeigt. Die Betrachter*innen befinden sich in der geschlossenen Blasenstruktur und konstruieren durch ihre multisensorische Erfahrung ein imaginiertes Bild, eine Erinnerung oder eine Neuinterpretation von Houchangcun.

Mit den Forschungsstipendien von „Beijing 22“ werden Recherchen und Erarbeitung von Inhalten ermöglicht, die sich auf Themen wie Utopie, Stadtentwicklung sowie die fortschreitende Transformation Beijings vor dem Hintergrund der Stadtplanungsstrategie „Jing-Jin-Ji“ und der bevorstehenden Olympischen Winterspiele 2022 fokussieren. Das Projekt „Beijing 22“ wird vom Goethe-Institut China gefördert.

Das Team

Wang Jiani hat einen BA in Politik, Soziologie und Osteuropastudien vom University College London und einen MA in Stadtplanung und Sozialwissenschaften von der London School of Economics and Political Science. Im Fokus ihrer Forschung stehen die Interaktion und die Rolle von Raum, Macht und Beziehungen in verschiedenen Dimensionen und Kontexten.

Wu Kaifeng ist Architekt und hat einen BA und MA in Architektur der Yale University, USA. Er hat bei Pelli Clarke Pelli Architects, USA, gearbeitet. Seine Arbeiten umfassen architektonisches Design, Video, Installation und Performance; durch die Interaktion zwischen Körper und Raum webt er Verbindungen zwischen Mensch und Anderem, mit der Umwelt und mit sich selbst in einer zunehmend entfremdeten Welt.

Sun Haoxi, Cyber-Psychopath, der sich gerne in Arbeit stürzt und Technologie einsetzt, um konkrete Resultate zu erzielen.

Feldforschung/Konzept/Regie/Kamera: Janie Wang

Konzept/Installationsdesign: Wu Kaifeng

Installationsdesign/Beratung Programmierung: Sun Haoxi

Plakatdesign: Danrui Xiang

Musik: Cai Sihan